Stahlwerk stand bereits wegen Preisentwicklung still. „Jetzt kommt die A45 noch oben drauf!“

"Wir brauchen Geschlossenheit, Gleichzeitigkeit und vor allem Schnelligkeit"

26.03.2022 | Der Schnitt in die heimische Lebensader schmerzt nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Beschäftigten in Siegen-Wittgenstein, das ist klar. Unklar hingegen ist, wie lange es dauern wird, bis die A45 bei Lüdenscheid wieder geflickt ist. „Sicher könnt ihr sein, dass der Verkehr dort am Ende eurer Amtszeit noch nicht wieder fließt“, sagte der Erste Bevollmächtigte Andree Jorgella zu den Betriebsräten der IG Metall Siegen, die in diesen Wochen für eine vierjährige Amtszeit neu gewählt werden.

Der Faktor Zeit spielt die zentrale Rolle. Auf der Delegiertenversammlung der Gewerkschaft in der Weidenauer Bismarckhalle schwor Andree Jorgella die Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter darauf ein, gemeinsam mit IG Metall, Arbeitgebern, Kammern und Lokalpolitik anhaltend Druck auf die Politik in Berlin ausüben. „Wir dürfen den Anschluss nicht verlieren! Es müssen mehrere Prozesse parallel und schnell laufen, damit die Industrieregion stark bleibt. Die Zeche zahlt am Ende auch ihr! Allerdings sind 140 Betriebsratsgremien, 23.000 Mitglieder und noch viel mehr Beschäftigte in Siegen-Wittgenstein ein starkes Pfund“, rief Jorgella den Delegierten zu. Gastredner Hans-Peter Langer, Geschäftsführer der IHK Siegen, zeigte Ursachen und Folgen der maroden A45 auf und appellierte: „Wir müssen weiterhin geschlossen auftreten, um größtmöglichen Druck auszuüben!“ Das gehe, denn der enge Schulterschluss aller relevanten Wirtschaftsakteure gehöre „zu unserer regionalen DNA“. Langer appellierte auch an das individuelle Bewusstsein: „Wie kann es sein, dass wir Armbanduhren für drei Euro aus China bekommen, ohne dass wir Versandkosten bezahlen? Dabei verdrängen wir aktiv logistische Dienstleistungen und alles, was es dazu braucht, also auch Verkehrswege. Und das tue Politik auch.“ Der Verkehrsverbund schätze den volkswirtschaftlichen Schaden bei einer zehnjährigen Bauzeit auf 3,5 Milliarden Euro. Die Situation der heimischen Stahlindustrie skizzierte Jürgen Mockenhaupt von den Deutschen Edelstahlwerken: Die Kalkulation der Energiepreise sei Anfang 2021 bereits deutlich angehoben worden – und am Jahresende lag der Preis im Jahresdurchschnitt noch einmal um das Zehnfache höher. Die Rohstoffmärkte verhielten sich ähnlich krass. „Im Dezember haben wir das Stahlwerk für fünf Tage abgestellt! Die Leute zu bezahlen und nicht zu produzieren, war billiger! Und jetzt kommt die Situation auf der A45 noch obendrauf!“ Mockenhaupt forderte tatkräftigen Druck auf die Politik: „Wir können die A45 auch länger stilllegen, als wir es vor 30 Jahren getan haben!“ Helmut Renk von Thyssenkrupp Steel Europe stellte fest: „Die Frachtkosten steigen ins Unermessliche, Lkw-Kapazitäten brechen weg. Ich weiß nicht, wie lange das noch auszuhalten ist?“

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